Stelle Dir einmal vor, Du hast in Deinem Keller eine alte Truhe stehen, die Du vor langer Zeit geerbt hast. Jeden Tag gehst Du an dieser geheimnisvollen Truhe vorbei, ohne Dir die Mühe zu machen, hineinzuschauen. Und dann, im hohen Alter, stellst Du plötzlich fest, dass darin wertvolle Goldmünzen liegen. Sicherlich wärest Du traurig, dass Du diese kostbare Truhe nicht schon längst geöffnet hast.
Meine erste CI-Operation
Im Sommer dieses Jahres ist meine Entscheidung gefallen, dass ich mir CIs implantieren lassen werde. Von da an wollte ich auch keine Zeit mehr verlieren und habe diesen Entschluss schnell umgesetzt. Denn wenn nicht jetzt, wann dann??? Meine erste CI-Operation am linken Ohr war vor knapp drei Wochen. Die OP an sich hätte nicht besser verlaufen können. Alles ist so wie es sein soll. Das ist natürlich eine beruhigende Nachricht nach all den Ängsten, die ich vor der OP hatte. Es war meine erste Operation überhaupt und natürlich hatte ich Angst davor. “Hoffentlich geht alles gut! Und hoffentlich vertrage ich die Narkose! Und hoffentlich geht es mir danach nicht allzu schlecht…!” Dies ist nur ein kleiner Bruchteil meiner Ängste und Gedanken, die in meinem Kopf herumschwirrten. Am frühen Morgen wurde ich dann endlich dazu aufgefordert, mich für die OP fertig zu machen. Ich lag vorbereitet in meinem Bett und wartete darauf, abgeholt zu werden…da überkam mich eine Welle voller Emotionen! Tränen flossen mir die Wangen herunter und ich war einerseits erleichtert, dass es jetzt endlich soweit ist und andererseits natürlich total ängstlich. Ich dachte an das Hören, welches ich seit meinem 2. Lebensjahr kenne…Das wird in wenigen Stunden verändert und nie wieder so sein, wie ich es kenne. Ich stehe kurz vor dem nächsten Schritt in eine andere Welt des Hörens.
Im OP-Saal warteten schon mein Chefarzt und seine Assistenten und versicherten mir, dass alles gut gehen wird. Ich atmete mehrmals tief ein und war einfach froh dass ich bald einschlief und diesen Schritt tatsächlich gegangen bin. Später wachte ich auf und mein erster Gedanke war: “Es ist geschafft! Ich habe es getan!”. Ich hatte keine Schmerzen (was unter Schmerzmittel auch kein Wunder ist) und mir ging es auch gar nicht so schlecht. Ich schlief nochmal zwei Stunden ehe ich wirklich ansprechbar war. Kaum war ich richtig wach, kam auch schon einer nach dem anderen in mein Zimmer. Unter anderem auch der Chefarzt, der mir die frohe und beruhigende Nachricht überbrachte, dass alles wie im Lehrbuch verlaufen sei.
Als ich anfing, mich wieder zu bewegen, litt ich unter starkem Schwindel. Im Krankenhaus fand ich ihn gar nicht sooo unerträglich. Ich bewegte mich natürlich auch nicht viel und ich wurde von den Stationsschwestern wirklich liebevoll versorgt. Erst, als ich entlassen wurde und nach Hause gehen durfte, quälte mich dieser Schwindel. Fünf Tage lang war es wirklich fies und ich verzweifelte und dachte schon, dass dieses Karussell niemals anhält. Aber dann ging es bergauf und ich erholte mich sehr schnell davon.
Lieber war ich komplett Taub!
Rückblickend muss ich zugeben, dass ich das Ganze ziemlich unterschätzt habe! Ich habe geglaubt, dass ich diesen Eingriff leicht wegstecke. Aber der Schwindel und dieses einseitige Hören warfen mich doch erst einmal aus der Bahn. Es ist natürlich von Mensch zu Mensch anders…der eine steckt es vielleicht leichter weg als ein anderer. Aber ich kam die ersten zwei Wochen überhaupt nicht damit klar, dass ich vorübergehend erst einmal nur von einer Seite beschallt werde. Irgendwie hatte ich keine richtige Orientierung mehr und gegen den Schwindel war es erst recht keine Hilfe. Lieber habe ich mein rechtes Hörgerät erst gar nicht angezogen und war komplett taub. Inzwischen ist aber der Schwindel weg und ich komme auch langsam mit dem einseitigen Hören zurecht. Trotzdem kann ich die Erstanpassung kaum erwarten! Nicht nur, weil ich dann endlich wieder auf beiden Ohren etwas hören kann, sondern auch, weil ich unfassbar neugierig und gespannt darauf bin.
Es wäre gelogen, wenn ich sage, dass ich gar keine hohen Erwartungen habe.
Mir wurde schon mehrfach gesagt, dass ich mir von der Erstanpassung nicht zu viel versprechen sollte. Natürlich muss ich mich darauf gefasst machen, dass der erste Eindruck vielleicht ernüchternd ist. Aber ich freue mich einfach darauf und möchte endlich wissen, was das für ein Hören ist mit dem CI. Ich kenne inzwischen sooo viele Leute, die so glücklich mit dem CI sind und die diesen Schritt nicht bereut haben. Dann kann es ja gar nicht zu schlimm sein…und vielleicht gewöhne ich mich ja auch schnell daran und profitiere schon sehr bald davon. Ich bin gespannt darauf, was für Geräusche ich wahrnehmen werde, die ich bisher einfach noch nicht wahrnehmen konnte…und wie alles klingen wird! Aber so groß meine Neugierde auch ist – es schwingt auch Angst mit. Was ist, wenn das alles so schrecklich klingt? Oder wenn ich mich mit diesem Hören gar nicht anfreunden kann? Oder wenn ich schnell überfordert bin mit all diesen fremden Geräuschen? Aber ich glaube, dass diese Sorgen jeder gehabt hat. Und mit viel Ehrgeiz und Geduld wird man es mit Sicherheit schaffen, damit in Einklang zu kommen.
Meine Erstanpassung ist schon bald und dann werden sich all meine Fragen von selbst beantworten. Bis dahin muss ich mich noch gedulden und mit nur einem ansatzweise funktionierendem Ohr zurecht kommen. 🙂 Aber ich freue mich darauf, Euch bald an meiner nächsten neuen Erfahrung teilhaben zu lassen! 🙂